Warener Resolution

 

Die Erhaltung von Gutsanlagen in Mecklenburg-Vorpommern mit ihren Guts- und Herrenhäusern, Schlössern, Wirtschaftsgebäuden und Parks- Eine Erblast und Chance zugleich im deutschen und europäischen Einigungsprozess war, wie auch in den beiden Vorjahren das Thema des dritten November-Seminars, das von der Europäischen Akademie M-V in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft zur Erhaltung und Nutzung von Gutsanlagen in M-V vom 01. bis 02.11.2002 in Waren durchgeführt wurde. Die Veranstaltung war mit über 70 Teilnehmern aus der gesamten Bundesrepublik voll ausgebucht. Im Ergebnis und in Auswertung des Seminars ist spontan von den Teilnehmern die Abfassung einer Resolution beschlossen worden. Es wurden nachstehende Schwerpunkte eingebracht, die, an die Landes- und Bundespolitik gerichtet, den Handlungsbedarf anzeigen. Die Gutsanlagen oder Restbestände solcher Anlagen mit ihren Guts- und Herrenhäusern, Schlössern, Wirtschaftsgebäuden und Parks sind Kulturgut das bewahrt und geschützt werden muss.

 

1. Wir, die Vereine, die die Resolution unterzeichnet haben, fordern den Stopp des Abrisses von historischer Bausubstanz solcher Anlagen

 

Jüngstes negatives Beispiel ist der Abriss von Wirtschaftsgebäuden der bisher noch komplett vorhandenen Gutsanlage Hohenbrünzow bei Demmin. Wegen angeblicher Verkehrssicherungspflicht hat die BVVG Neubrandenburg auf kurzsichtiges Betreiben einer an Denkmalerhalt völlig uninteressierten Gemeindevertretung zwei von fünf Wirtschaftsgebäuden beräumt.

 

2. Die Steuergelder und sonstige öffentliche Mittel sollten anstatt für den Abriss in Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen investiert werden

 

"Der Fortschritt besteht nicht darin, das Gestern zu zerstören, sondern seine Essenz zu bewahren, welche die Kraft hat, das bessere Heute zu schaffen."
Jose Ortega y Gasset

Historische Gebäude sind Identität stiftende Elemente für die Region und das Land, die Heimatverbundenheit vermitteln. Ein Abriss solcher Gebäude führt zu Verlust von Lebensqualität.

 

3. Wir fordern ein Mitspracherecht bei anstehenden Abrissanträgen in Form eines " Runden Tisches " und bieten unsere Mitarbeit durch einen Beirat an

 

Die Gesellschaft hat neben einer Verkehrssicherungspflicht auch die Verantwortung für nachwachsende Generationen, die Zeitzeugnisse der Geschichte zu erhalten. Der zum Teil objektiv ungerechtfertigte Abriss von Kulturgut im öffentlichen Eigentum ist u. E. eine Kulturschande, die durch nichts zu rechtfertigen ist. Wir wollen dies nicht länger hinnehmen und behalten uns vor, künftig rechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen einzuleiten.

 

4. Wir kritisieren die Vermarktungsstrategie der Bodenverwertungs- und - Verwaltung GmbH ( BVVG) und der Treuhand Liegenschaftsgesellschaft mbH (TLG)

 

Es kann nicht sein, dass Teile aus einer Gutsanlage verkauft werden und der Restbestand dann unverkäuflich dem Verfall preisgegeben bzw. Spekulanten Vorschub geleistet wird. Beispiel: Verkauf des Parks Hohenbrünzow. Hier fand sich zum Glück noch ein Käufer für das Gutshaus ohne Park. Nach einer kompletten Dachsanierung kann heute das Herrenhaus als gerettet angesehen werden.

 

5. Wir beabsichtigen, im Jahr 2003 eine private treuhänderische Stiftung in Obhut der Deutschen Stiftung Denkmalschutz zu gründen. Zweck dieser Stiftung ist die Erhaltung der Gutsanlagen in M-V

 

Jeder interessierte Bürger und jede Firma des Landes und der Bundesrepublik hat die Möglichkeit, sich an der Stiftung durch Zustiftungen zu beteiligen. Auch kleine Beträge sind willkommen. Die Absichtserklärungen können an die Vereine, die die Resolution unterzeichnet haben oder an die Deutsche Stiftung Denkmalschutz in Bonn, Stiftungszentrum Koblenzer Str. 75, 53177 Bonn, gesandt werden. Telefonische Auskunft erteilt das Stiftungszentrum über Nr. 0228 3906399 1. Mecklenburg- Vorpommern ist das einzige Bundesland, in dem keine Landesstiftung für Denkmalschutz existiert.

 

6. Auch der Staat sollte sich verpflichten, einen Beitrag zu einer solchen Stiftung zu leisten

 

Wir stellen uns vor, dass der Staat, wenn schon kein Kapital, so doch Ackerflächen in die Stiftung einbringt. Die jährlichen Pachterträge daraus stünden dann der Stiftung zur Verfügung. Unser Vorschlag ist, dass z.B, die noch in Staatsbesitz befindlichen ca. 300 ha Ackerflächen des ehemaligen Volkseigenen Gutes Hohenbrünzow in die Stiftung eingebracht werden. Wir bitten die Landesregierung, unseren Vorschlag zu unterstützen. Hierzu ein Zitat von Prof. Dr. Kiesow, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in Bonn aus dem ZDF Dokumentarfilm Ruinen schaffen ohne Waffen: "Die Schlösser sind entstanden aus dem Grundbesitz an Wald und Land. Die Erträge von Land und Forstwirtschaft haben die Mittel erbracht, um die Schlösser zu bauen. Sie haben über Jahrhunderte dazu geführt, dass die Schlösser erhalten wurden und wenn man heute die Ländereien abtrennt und nimmt ihnen die Grundlage, dann muss die Öffentliche Hand anderweitig versuchen, ihrer Verpflichtung zur Erhaltung dieses Kulturerbes gerecht zu werden. Hier kann sich der Bund nicht einfach aus der Pflicht ziehen."

 

7. Subventionen für die Landwirtschaft an die Pflege der Kulturlandschaft koppeln

 

Wir ermutigen die Landwirtschafts- und Verbraucherministerin, die angedachte Einbeziehung der Landschaftspflege in die Förderrichtlinien für die Landwirtschaft bald umzusetzen. Es kann nicht sein, dass Millionen für Subventionen nur zur Stützung der Lebensmittelpreise an die Landwirtschaft fließen und für die Erhaltung und die Pflege der Kulturlandschaft vergleichsweise geringe Mittel zur Verfügung stehen. Wir plädieren für ein gesondertes Förderprogramm in den neuen Ländern, um nachhaltig Mittel zur Aufwertung der Kulturlandschaft einsetzen zu können, analog dem Dorferneuerungsprogramm.

 

8. Die Pflege und der Erhalt der Kulturlandschaft sind auch ein Potenzial gegen die Entvölkerung in Mecklenburg-Vorpommern

 

Nicht nur für den Tourismus ist der Erhalt der Gutsanlagen und damit die Pflege der Kulturlandschaft von Bedeutung. Die Landesregierung sollte erkennen, dass durch Kulturförderung auf diesem Gebiet das Land auch attraktiver wird für Interessenten aus den Ballungsgebieten der Bundesrepublik, die Raum und Ruhe suchen, hier ihren Wohnsitz. zu nehmen. Erste Anzeichen einer solchen Zuwanderung sind schon vorhanden. Die konsequente Sicherung und Erhaltung des Kulturerbes eröffnet nicht zuletzt neue Arbeitsmarktressourcen für das Land und stoppt die Abwanderung von Arbeitskräften. Durch die Ausbildung von jungen Fachkräften im Sanierungsbereich wird man auch dem Generationenvertrag gerecht. Hoffnungsvolle Ansätze sind in der von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz geförderten Jugendbauhütte Wismar zu erkennen.

Unterzeichner:

Arbeitsgemeinschaft Gutsanlagen e.V., Sitz Thünen-Museum-Tellow 17168 Tellow
Rolf-Peter Bartz

Kultur-Landschaft e.V., Sitz Gutshaus Lansen, Wiesenstr. 6 17192 Lansen
Prof. Dr. Diethard Kerbs

Arbeitsgruppe kulturlandschaft.mv, Sitz Fachhochschule Neubrandenburg Brodaer Str. 2 17033 Neubrandenburg

Prof. Dr. Marcus Köhler, Prof. Dr. Manfred Köhler, Prof. Thomas Oyen

 

 

Solzow, den 18. Januar 2003